Lieber Hermann Rosenstein,

ich hoffe, dass diese Nachricht Dich in Frieden erreicht, wo immer du jetzt auch sein magst.
Ich kann mir nicht vorstellen, wie du Dich gefühlt haben musst, als von Deutschland Juden in die Vernichtungslager im Osten deportiert wurden. Dachtest Du an deine Familie? Hattest du noch Hoffnung auf ein Überleben? Oder hast du nur noch auf den grausamen Tod gewartet?

Aus heutiger Sicht ist es unvorstellbar, wie viele Menschen ihr Leben verloren haben. Und all das nur, weil man einer anderen Religionsgemeinschaft angehört hat, weil man politisch eine andere Meinung hatte oder weil man mit Behinderungen geboren wurde. Ausgrenzung und Rassismus regierten in Deutschland. Daran zu denken, wie viele dieser ermordeten Menschen ein glückliches Leben lebten und eine glückliche Zukunft vor sich gehabt hätten, ist für mich kaum zu ertragen. Der Gedanke daran, dass ein so junger Mensch, wie du es warst, mit Plänen und Träumen für die Zukunft, nur aufgrund seiner Religion ausgegrenzt und später ermordet wurde, lässt mich erschüttern. 

Als eine Person, die fernab von dieser Zeit geboren wurde, kann ich, egal wie sehr ich mich anstrengen würde, nie begreifen, wie man sich in so einer Hölle fühlen muss. Zu wissen, dass man nicht mehr lange lebt und dass meine Tage gezählt sind, wie hält man das aus?? Keinen Ausblick auf eine Zukunft zu haben, ausgelöscht zu werden. Es ist unbegreiflich. 

Deshalb möchte ich mein tiefstes Mitgefühl ausdrücken für das Leid, das Du und viele andere Menschen während dieser dunklen Zeit unserer Geschichte erlitten haben. Dein Schicksal und das vieler anderer Opfer des Holocausts, erschüttern mich und sie führen mir  schmerzhaft vor Augen, welches Unrecht Menschen einander antun können. 

Es ist wichtig, dass sich die heutige Generation an dieses unbeschreibliche Unrecht erinnert, um sicherzustellen, dass sich so etwas nie wiederholt. Aus der Geschichte können wir lernen, dass es wichtig ist, Werte wie Toleranz und Respekt zu fördern. Nur dadurch können wir eine bessere Zukunft schaffen. Und wir können lernen, dass es Situationen gibt, an denen man nicht schweigen darf, sondern seinen Mund aufmachen und einschreiten muss.

In Gedanken bin ich bei Dir und allen anderen Opfern des Holocausts. Mögen Eure Erinnerungen in unseren Herzen weiterleben und uns dazu inspirieren, eine Welt zu schaffen, in der solches Unrecht niemals wieder geschehen. 

In aufrichtiger Verbundenheit 

Hannah, Q1

 

 

Zurück zur Übersicht - „Ich habe lieber weggeschaut“ - Gedenkstättenfahrt 7. - 14. Oktober 2023